Bald ist es soweit! Endlich kommt Bewegung in den Hausumbau. Die Motivation hält sich zwar noch immer in Grenzen, aber der Stein ist in Rollen gekommen und wir stehen uns selbst nicht mehr auf den Füßen.

Nachdem im Januar unsere ursprünglichen Pläne wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen sind und wir einen kleineren bis mittleren Tiefgang erlitten hatten, haben wir uns wieder aufgerappelt und neue Pläne aufgestellt. Nun backen wir nicht die großen Semmeln, sondern erst einmal die kleinen Brötchen und fangen „nur“ mit dem Obergeschoss an. Wobei diese Backerei es auch in sich hat! Nach unserem Murnau-Urlaub hatten wir unsere alte Energie wieder … Gespräche mit Banken, Bangen, dass die EZB den Leitzins anhebt (Puh, einmal aufgeatmet), Gespräche mit Sanitärfirma, Energieberater, Schornsteinfeger, Antrag beim Denkmalschutz, Balkontür beim Tischler in Auftrag gegeben usw. Unser neuer Plan ergibt langsam ein rundes Bild, und das fühlt sich gut an.
Doch vorher mussten wir noch einmal kurz abschalten. Ostern = Kurzurlaub! Allerdings ohne Jürgen, er musste arbeiten. Die kleinen Nachteile in der Hotelbranche. Also gingen wir mit Oma und Opa unserer alten Tradition, Ostern in der Oberlausitz, nach. Die Oberlausitz ist aber gar kein Geheimtipp mehr, wie ich feststellen musste. Görlitz ist in aller Munde und die paar Kilometer südlicher zum Zittauer Gebirge sind’s nun auch. Doch jedem, der noch nie dort war und Natur und Mittelgebirge und Tradition liebt, kann ich die Oberlausitz nur nahelegen.






Meine Oma, die in diesem Haus ihre letzten Jahre verbrachte, bevor sie ins Pflegeheim kam, und ihre Schwester sind Oberlausitzerinnen, sowie auch meine Mutter. So ist diese Gegend für mich so eine Art dritte Heimat (also mehr Heimat darf nicht mehr dazu kommen, für die Wurzelbildung bald verwirrend) und ich bin sehr gern dort. Das Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland ist nicht nur landschaftlich und kulturell etwas besonderes, sondern auch kulinarisch. Freilich, leichte Mittelmeerküche ist dort weniger zu finden, doch dafür beste böhmische Küche, gutes Bier, Becherovka und Palatschinken in allen Varianten. Wer wandert, sollte eben auch gut essen.
Zeitenwende
Die Gegend war bekannt für die Stoffherstellung. Damals saßen die Weber mit ihren Familien in ihren dort typischen Umgebindehäusern. Hundert Jahre später webten sie in riesigen Fabrikanlagen für die großen Fabrikanten und ehemalige Großgrundbesitzer für einen kleinen festen Lohn bei einer 12 Stunden-Schicht. Nun lassen nur noch leerstehende Fabrikruinen in Großschönau und Varnsdorf (tschechisch) sowie der Fabrikverkauf von Möve- und Frottana-Produkten den ehemaligen Reichtum erahnen. Was diese Region alles erlebt hat! Sie hat sich zudem von der armen Post-Sozialismus-Zeit in ein idylisches Urlaubsdomizil verwandelt. So ändern sich die Zeiten.

Doch man muss nicht soweit zurück blicken. Ich habe das Gefühl, dass sich die Welt in den letzten drei Jahren komplett gewandelt hat. Irgendwie erscheint mir, dass das Vor-Corona nicht mehr das selbe ist wie jetzt. Unser Leben hat sich geändert, unsere Gesellschaft hat sich verändert, Klimawende, man kann nicht mehr mit Gas heizen, alles ist teurer geworden, kein Öl und kein Weizenmehl mehr im Regal, und wir passen uns den neuen Gegebenheiten an. Ist das eine Zeitenwende? Schnell Lexikonn befragt: Zeitenwende bedeutet ein Ende eines Zeitalters und den Beginn eines neuen Zeitalters; der Übergang des einen Zeitalters in das andere kann dabei abrupt, aber auch langsam fließend erfolgen. Manchmal habe ich das Gefühl, die Gesellschaft geht in eine neue Zeit über und wir erleben gerade die Renaissance der Biedermeierzeit, den Rückzug ins Private, in die eigene Häuslichkeit. Wir machen es uns daheim schön und igeln uns ein, damit wir nichts von der bösen Welt da draußen mitbekommen (Achtung: Polemik!).
Bei uns ist es jedenfalls so – aus unterschiedlichen Gründen. Klar, Bad Doberan ist nicht München, hier ist das Erlebnisangebot überschaubarer. Doch auch der Blick auf die Finanzen, macht nicht unbedingt Lust, dem Fernweh zu fröhnen. Und hinzu kommt diese post (oder mittendrin)-Corona-Gesellschaft und der Krieg; die Tageschau wird gemieden. So gibt es viele kleine Dinge, die unsere persönliche Zeitenwende eingeleitet haben. Und irgendwie gefällt mir auch unsere Renaissance der Biedermeierzeit.
Das Gärtnern ist des Deutschen Liebling
Den Rückzug in die Häuslichkeit perfektionieren wir auch derzeit. Besonders viel Freude bereitet uns unser Garten. Der Dschungel ist bezwungen und das Kultuvieren geht los. An Pflanzen trau ich mich noch nicht so heran und unsere Kenntnis über Gartenarchitektur und -gestaltung sind auch eher rudimentär, doch es macht Spass.
Doch kein Wunder, dass es uns erwischt hat. So wie uns gehts noch zig anderen. Ein Garten ist die ideale Immunisierung gegen Corona-Trübsinn, zeigt eine (nicht-repräsentative) Studie der Hochschule Geisenheim aus dem ersten und zwieten Lockdown. Wer einen eigenen Haus- oder Kleingarten hat, kommt glücklicher durch die Pandemie, bewegt sich öfter an der frischen Luft und genießt häufiger selbstangebautes Obst und Gemüse. Die (neue) Liebe zur Gartennatur hat viele Auswirkungen: Die Baumärkte und Gartencenter verzeichneten ein Umsatzplus von 10-13%, die Selbstversorgerkultur befindet sich im Aufwind, Gartengrundstücke waren noch schneller vergriffen und Corona schärfte das Umweltbewusstsein.
Übrigens wurden unseren unerfahrenen Gartenaktivitäten nun auch die ersten Grenzen aufgezeigt: die Nachbarn. Vor kurzem stand unser Nachbar vor unserer Tür, von dem wir noch nicht mal wussten, dass es unser Nachbar ist. Er monierte, dass unsere frisch gepflanzten Himbeeren zu nahe an seinem Zaun stünden. Wir befragten Google dazu. Und tatsächlich … sollte man tatsächlich nicht tun, weil Himbeeren eigentlich nur besser schmeckende Brombeeren sind, sie können zur Plage werden. Gut, nur konnte uns Google nicht sagen, ob Himbeeren, die frisch eingepflanzt sind und gerade sprießen, einfach wieder umgepflanzt werden können … hm … ???
