Der Sturm zieht vorbei

Mit einem sanierungsbedürtigen 130 Jahre alten Haus haben Sturmwarnungen einen ganz anderen Klang. Und wenn die Unwetterwarnungen in den Medien dramatisch klingen, hat es tatsächlich eine gewisse Ernsthaftigkeit. So pfiff Sturmtief Nadja um die Häuser. Mit einem Ohr noch wach, um es irgendwo im Haus klirren zu hören, lagen wir im Bett bis die Müdigkeit doch stärker wurde. Wie vorhergesagt, war heute 10 Uhr das stürmische Spetakel vorbei, es windete eben nur noch. Nachdem die Nachbarn schon umgekippte Bäume auf ihren Grundstücken meldeten, gingen wir mit mulmigen Gefühl auf Inspektion. Glück gehabt, nur zwei Fenster auf dem Dachbogen haben einen Sprung abbekommen und einen Apfelbaum hat es bei uns entschärft. Trotz angesagter Sturmflut haben wir das Gröbste überstanden.

Adieu, 100 Jahre alter Apfelbaum!

Und wieder einmal wurde uns bewusst, wie vergänglich doch so ein Haus ist. Es ist so selbstverständlich, dass man heute als junge Familie aus der Stadt hinauszieht – wenn man nicht gerade in einer Genossenschaftswohnung in einer Großstadt lebt. Man nimmt einen Kredit auf und hat vielleicht für mehrere Generationen voller Stolz Eigentum. Doch Sturm, Brand, Überflutung … so rasch kann es passieren und knapp 100 Jahre Familienbesitz ist dahin. Immer wieder erwische ich mich bei diesen Gedankengängen, Jürgen hingegen nicht. Vielleicht habe ich doch noch zu viele Zweifel an diesem „Projekt Haus“.

In voller Fahrt ausgebremst!

Noch letzte Woche hatten wir so ein Gefühl von „wir packen’s an“. Kreditvorbereitungen laufen. Das erste Mal seit Monaten gibt es wieder einen Plan. Gut, kleine Warteschlange, was den Kredit angeht, weil ja nun das Betreuungsgericht eingeschaltet werden muss, aber … mei … gibt ja genug anderes zu tun. Nun haben wir sogar eine Firma gefunden, die freitragende Treppen mauern bzw. eine gemauerte Schwebetreppe sanieren kann … Für den Jahresanfang, wenn eigentlich noch alles schläft, haben wir erstaunlich viel Schwung und Fahrt aufgenommen. Doch nun das: Ganz nebenbei fragten uns heute unsere Nachbarn, ob wir nicht auch gehört hätten, dass die KfW-Kredite eingestellt werden?! wtf? Bestimmt hatten sie etwas falsch verstanden. Kurze Internetrecherche: Tatsächlich. Das Programm „Effizienzhaus“ – UNSER Programm (!) – wird zum 31.01.2022 eingestellt. In zwei Tagen! Die neue Bundesregierung sähe nicht die „Effizienz“ und nun ja, die KfW hätte wohl auch keine Gelder mehr! Es solle irgendwann etwas „Zielgerichtetes“ geschaffen werden. Warum habe ich bei knappen Ressourcen eher das Gefühl eines Sparprogrammes?

Bravo, neuer GRÜNER Wirtschaftsminister! Häuslebesitzer sollen zwar Häuser haben, die energieeffizient sind und klimaneutral mit alternativen Energien beheizt werden. Sollen? Schmarrn, bald „müssen“! Und am besten stellen sie noch auf eigene Kosten Wohnraum zur Verfügung. Aber staatliche Förderungen sind nicht möglich … haben wir ja Glück, dass Gas bald als „grüne Energie“ anerkannt wird. Dann dürfen wir wenigstens damit noch weiterheizen und tun bei den Versteuerungen noch was Gutes für die Staatskassen! Die Energiewende kann natürlich nur gelingen, wenn insbesondere der Mittelstandbürger im nicht-urbanen ländlichen Raum seinen Beitrag leistet! Gern sind wir Teil dieses großen Vorhabens!

„Grün“ muss man sich eben leisten können. Mein Glaube an und mein Vertrauen in die Regierenden bröckelt immer mehr.

Nun ja, wohl verständlich, dass ein gewisser Unmut aufkommt. Natürlich wird es irgendwann eine Lösung geben, doch die Luft ist erst einmal raus. Gefühlt sind wir noch mitten im Sturm.

Die Schlinge wird enger

Ja, am Anfang der Woche sah es noch anders aus. Ich besuchte meine Freundin in Stralsund und hatte zwei wunderbare Tage mit viel Sonne. Energie aufgeladen und voller Tatendrang. Auch mit der Aussicht, dass Ricardo die Woche daheim bleiben muss, weil der Kindergarten geschlossen hat. Nicht wegen Corona, nein, eine Erkältungswelle treibt ihr Unwesen. Erkrankte Erzieher*innen. Ein „attraktiver“ Betreuugsschlüssel in Mecklenburg-Vorpommern macht geschlossene Kitas bei erkrankten Erzieher*innen möglich. Aber alles kein Problem. Alles ist zu managen, weil Jürgen seit zwei Wochen in Kurzarbeit ist. Er durfte das Kind für paar Stunden mit zur Arbeit zu nehmen, ansonsten ist so ein bissel Kinderbetreuung im Homeoffice natürlich auch nicht das Problem.

Mal Ironie beiseite: Ich ziehe vor allen Familien meinen Hut, die in Corona-Zeiten öfter vor der Frage „Vereinbarkeit Kinder-Betreuung und Beruf“ standen bzw. stehen!

Wir hatten auch am Anfang der Woche Besuch. Jürgens neue Arbeitskollegen besuchten uns. Ein schöner Abend und ich freute mich sehr für Jürgen, dass er in seinem neuen Job so gut Fuss gefasst hat.

Zum Ende der Woche sah es dann schon anders aus: Die Kita ist noch eine Woche geschlossen. Zudem kam die Nachricht, dass ein Besucher Corona-infiziert war. Gleichzeitig setzte bei Jürgen auch sein Männerschnupfen ein. Solche Symptome sind die gleichen wie die Omikron-Anzeichen. Das hätte uns noch gefehlt! Am Ende wäre es doch nur eine Frage der Zeit. Immer mehr erwischt es in unserem Umfeld, warum jetzt nicht auch wir? Das Ärgerliche wäre gewesen: Mein München-Trip nächste Woche hätte ich canceln müssen.

Freitag vormittag machte Jürgen den PCR-Test. Die Stimmung daheim war recht angespannt. Wir malten uns schon unsere Quarantäne aus und stellten fest, dass wir Glück hätten: ein großes Haus und ein Garten! Isolation könnte schlimmer sein. Doch Samstag Abend 21 Uhr kam die erlösende Antwort: negativ!

Frühling liegt in der Luft

Familien-Teilprojekt: Komposthaufen umsetzen und eine sonnige Chillecke schaffen.

Nichtsdestotrotz, der Frühling ist förmlich zu spüren. Die Tage werden wieder länger, Vögel zwitschern und hier und da kämpft sich der erste Frühblüher durch. Und wir sind auch aus der Winterruhe erwacht, zwar verschnupft, aber der Garten zieht uns raus. Viel haben wir vor: Der Komposthaufen wird versetzt, die nächste Brombeerhecke wird gezähmt, Obstbäume werden gepflanzt, Carports gebaut. Bis also das Betreuungsgericht entschieden hat und ein neuer (Finanzierungs)Plan steht, kommt zumindest keine Langeweile auf.

Die ersten Schneeglöckchen sind unterwegs.

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