Sonnenschein, blauer Himmel, warme Temperaturen und viele Spinnennetze. Der Sommer ist zurück bzw. der Frühherbst gibt alles. Noch vor paar Jahren ging um diese Zeit unsere Urlaubszeit los. Biergarten. Vorfreude auf die Wiesn. Passt das Dirndl noch? Genug Überstunden für die Münchner Ausnahmezeit? Trinkfest?
Doch nun sind wir weit weg. Ein wenig beruhigt es mich, dass die Wiesn dieses Jahr bereits zum zweiten Mal ausfallen. Das macht nicht so wehmütig, wenn gefühlt alle in den Festzelten feiern oder die Sonnenstrahlen in den Biergärten auf der Festwiese genießen würden. Was waren das für Zeiten? Und nun ist alles so weit weg.
Unser Altweibersommer schaut nun anders aus: Der Jahresurlaub liegt hinter uns und die Sonnenstrahlen werden im Garten oder am Strand genossen. Anders eben. Die Stadtluft weicht nun idyllischen Nebellandschaften und nach und nach kämpfen sich die Sonnenstrahlen durch bis zu strahlend blauen Himmel. Hm … und die Luft riecht so frisch und ein wenig salzig.
Übrigens wird im Schriftsprachlichen der “Altweibersommer“ seit Anfang des 19. Jahrhunderts erwähnt, als man das Jahr noch in die Winter- und die Sommerhälfte einteilte. Damals wurde der Frühling “Junger Weibersommer“ genannt, der Herbst hieß “Alter Weibersommer“. Dieser Wärmerückfall, der uns zwischen Mitte September und Anfang Oktober ein paar strahlend sonnige Tage beschert, wird durch ein Festlandhoch über Osteuropa bestimmt, das trockene Luft nach Mitteleuropa bringt. Doch warum sind so viele Spinnen unterwegs?
Mit dem Altweibersommer starten wir durch!
Unser Leben hat wieder Alltag. Doch diesmal finde ich es nicht so schlimm, weil die Sommerpause gut tat. Wir hatten viel Besuch und konnten am Haus nicht viel machen. Und wir waren selbst verreist. Fast drei Monate, in denen das Haus nicht an erster Stelle stand. Und es tat gut. Wir merken jetzt – wieder mit Abstand – wie schnell man doch in so ein Fahrwasser gerät.
Es hat sich auch anderes geändert: Wir kennen mehr Leute. Also „kennen“, tut aber schon mal gut. Unser Garten ist belebt mit anderen Kindern. Mal andere Gesprächspartner und neue Lebensgeschichten. Und außerdem macht es mehr Spaß (und es ist entspannter), Ricardo nach der Kita mit anderen Kindern spielen zu lassen, als wenn man selbst immer der Spielkamerad für ein Kita-Kind ist. Ich gebe wirklich mein Bestes, aber wenn ich Auto und Eisenbahn spielen, oder Dämme bauen und wieder einstürzen lassen muss, dann kapituliere ich.
Jürgen ist nun im Elternrat. Für Elterntreffe liegt unser Haus günstig mittig. So kommt auch Leben ins Haus.
Die Corona-Situation macht es nun auch möglich, dass wieder mehr Veranstaltungen möglich sind. Und tatsächlich ist in Doberan auch einiges los. Letztes Wochenende war Klostermarkt. Also nicht überwältigend, aber ganz nett.
Und noch etwas hat sich geändert, was die Stimmung hebt: Ich war endlich mal wieder auf Dienstreise (… und ich werde es wieder öfter sein)! Es ist schon ein Reiz. Früher entdeckte ich Bayern auf diese Art und Weise, nun ist es Mecklenburg-Vorpommern. Gut, so wirklich viel neues habe ich nicht entdeckt, doch der eine Tag mit perfektem Wetter in Stralsund und auf Rügen mit einem gut gelaunten Kollegen macht Spaß. Früher waren wir mit dem Zug unterwegs, nun sind wir es mit dem Auto. Die Begriffe Bahn und Mecklenburg-Vorpommern schließen sich irgendwie aus.
Und noch etwas ist anders: Wir gehen auf die Bundes- und Landtagswahlen zu. Und ich habe keine Ahnung, wen und was ich wählen soll. Mein Plan war, dass ich alle Kandidaten im Wahlkreis anschreibe und sie befrage über Dinge, die mir persönlich am Herzen liegen. Die Umsetzung scheiterte. Irgendwie standen andere Dinge an und schwupps, die Zeit vergeht. Dabei finde ich es total wichtig, politische Entscheidungen zu hinterfragen. Um so mehr man hier mit Menschen ins Gespräch kommt, hört man, dass die wenigsten von den Maßnahmen in den vergangenen Monaten überzeugt waren.
Noch was anderes: Wir ernten und verarbeiten bzw. lassen verarbeiten. Wir haben nun unseren eigenen Apfelsaft von Äpfeln aus unserem Garten! So lecker! Das restliche Obst wird zu Marmelade und eingeweckt. Der Winter kann kommen!
Und noch ein kleines Erfolgserlebnis hatte ich die Tage: Ich hatte den Hundehalter endlich erwischt, der seinem Hund sein Geschäft in unserer Einfahrt verrichten lässt. Unglaublich. Ein Mann um die 60, der extra paar Meter voran ging und nichts gemerkt und gesehen haben will. Kennt ihr das, wenn man vor lauter Erstaunen über diese Frechheit kein Wort mehr heraus bekommt? So gings mir tatsächlich. Und ich bin selten ohne Worte. Vielleicht kann mir jemand mal bei Gelegenheit erklären, was die Gedanken von Hundehaltern sind, die das gemachten Häufchen ihres Hundes auf dem Gehweg oder auf anderen Grundstücken liegen lassen.
Jaja, das ich mir über solche Dinge mal Gedanken machen muss. Wer hätte das gedacht!
Eines hat sich aber merklich bei uns verändert: Jürgen macht nun eine neue Ausbildung (Gott sei dank keine drei Jahre, sondern verkürzt). Die Zeiten der Kurzarbeit und damit auch mehr Zeit für Dinge, die sonst so anfallen, sind vorbei. Vieles, wozu Jürgen nun keine Zeit mehr hat, muss ich auffangen. Die ersten Wochen gabs bei uns ein ziemliches organisatorisches Durcheinander. Doch so langsam finden wir uns. Ricardo ist natürlich glücklich, er wird jetzt wieder mehr von der Mama vom Kindergarten abgeholt. Allerdings wird nun auch unser Geld knapper, dafür haben wir noch keine Lösung gefunden.
Ich staune und denke viel darüber nach: Wie geht’s anderen Menschen mit ihrem Alltag? Gerade die, die Vollzeit arbeiten (und hier ist eine 40 Stunden/Wochen normal), dürften doch kaum etwas vom Tag haben, von den Sonnenstrahlen und dem Altweibersommer? Unsere Tage sind schon gut gefüllt, insbesondere dann, wenn wir „nebenbei“ noch was aufbauen wollen. Ich finde es schwierig und stellenweise ziemlich erschöpfend: Arbeiten, Haushalt, Essen zubereiten, Grundstückspflege, Bauen … und dabei noch das Gefühl zu behalten, dass jeder Tag besonderes ist … Ich bin für mein Homeoffice sehr dankbar.
Im Übrigen haben wir von der Beantragung unseres Kredites erst einmal abgesehen. Anders gesagt, wir haben diese Entscheidung um wenige Monate vertragt. Zwar kommt der Winter und wir bräuchten dringend die neuen Fenster, doch zum einen hätten wir bei der Handwerker- und Materiallage es so und so nicht rechtzeitig zum Winter geschafft und zum anderen sind wir auch schlecht vorbereitet. Wenn das Geld gekommen wäre, hätten wir noch viel Vorlaufzeit für die Handwerkersuche und Kostenvoranschläge benötigt. So arbeiten wir nun erst vor und dann hoffen wir auf das Geld. Nicht optimal die Situation, doch es lebt sich so erst einmal besser. Die Einheimischen sagen, dass alle 5 Jahre ein härterer Winter kommt. Letzten Winter gabs einen, nun sollten wir wieder bis zur nächsten klirrenden Kälte Aufschub haben. So sehr ich Schnee liebe, aber vielleicht nicht unbedingt diesen Winter …