Dass wir dort leben, wo andere Urlaub machen, kennen wir ja schon aus München. Ist ja auch ein schönes Gefühl, dass das eigene Zuhause bei Urlaubern heiß begehrt ist. Doch eine Kleinstadt voller Touristen fühlt sich noch mal ganz anders an, als eine Großstadt mit Touristen. In einer Großstadt gibt es doch noch paar Ecken, wo die Einheimischen unter sich sind.
Ein wesentlicher Unterschied sind die vielen Autos. Mecklenburg-Vorpommern kann man nicht so problemlos mit der Bahn bereisen. Kann man natürlich schon, aber es ist umständlich. Der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel hat hier wohl den Anschluss verpasst. Die Folge: Eine lebendige und überfüllte Kleinstadt mit Autonummernschildern aus der ganzen Republik. Dies zusammen mit dem Berufsverkehr bedeutet: Kaum Chancen, die eigene Ausfahrt überhaupt zu verlassen, und eine halbe Ewigkeit, um mit einem Kind die Straße überqueren zu können.
Doch auch bei den genussvollen Dingen ist es schwieriger: Essen gehen kaum möglich. Die Restaurants haben keine freien Plätze. Ein romantischer Abend zu zweit muss also geplant werden. Diese Art von Tourismus kennen wir selbst aus München nicht, irgendwo in den Nicht-Touri-Stadtteilen konnte man immer noch ausweichen.

Nach dem langen Lockdown freuen wir uns natürlich schon, dass die heimischen Wirtschaften überlebt haben. Letzte Woche hatten wir zumindest zu 17 Uhr einen Tisch ergattert. Die Bedienung erzählte uns, dass sie das „Überleben“ den Einheimischen zu verdanken haben, die fleißig dort ihr Essen bestellt hatten.
Tourismus hat hier noch mal eine andere Bedeutung. Mecklenburg-Vorpommern lebt fast nur vom Tourismus, umso härter trafen natürlich die Corona-bedingten Schließungen. Doch nun läufts wieder und das gefühlt mehr als eine kleine Stadt vertragen kann. Aber es ist Leben in der Stadt! Und wir freuen uns auch darüber, denn wir sind mit unseren Besuchern mittendrin. Und nicht nur unsere Gäste sind die Touristen, wir irgendwie auch. Und wenn mal kein Besuch da ist, dann wird eben die Spät-Nachmittags-Sonne bei einem Picknick am Strand genossen.
Auf den Spuren der Norddeutschen Backsteingotik
Letzte Woche kämpfte sich Ricardos Patenonkel aus Stuttgart zu uns durch, es ist ja nicht mehr um die Ecke. Zwar kurz wegen dem Bahnstreik, aber jede Minute wurde genutzt. Wir waren auf den Spuren der Norddeutschen Backsteingotik. Nicht schwer passende und imposante Exemplare zu finden, aber interessant ist es immer wieder. So waren wir diesmal in Wismar.
Die Mende-Orgel und Kanzel in der Nikolaikirche. Blick auf die Kirche. Faszinierend: Es gibt noch die kleinen Lädchen in der typischen hanseatischen Bauweise.
Die St. Nikolaikirche ist eine der schönsten Zeugnisse mittelalterlicher Backsteinarchitektur in Norddeutschland. Sie ist nach St. Marien in Lübeck die zweithöchste Backsteinbasilika der Welt.
Das Bad Doberaner Münster Die Kirche St. Nikolai in Wismar
Bei der Norddeutschen Backsteingotik wurde aus der Not eine Tugend gemacht: Der Mangel an geeignetem Baumaterial ließ weniger originäre, äußerlich reich verzierte Sakral- und Profanbauten entstehen. Mit dem Werkstoff Backstein (Ziegelstein) ließ es sich nicht so filigran arbeiten wie bei den Kathedralen West-und Süddeutschlands sowie Frankreichs. Das liegt am Rohstoff: Backstein wird aus Lehm- oder Tonerde hergestellt. Diese wird in eine Form gegeben und mehrere Tage im Ofen gebrannt. Das in der Tonerde vorhandene Eisenhydroxid wandelt sich beim Brennprozess bei etwa 1000 Grad ins rote Eisenoxid um.
Lübeck, die „Königin der Hanse“, war mit seiner Kirche St. Marien Vorbild für weitere Sakralbauten in Wismar, Rostock, Stralsund, Neubrandenburg, Gdansk (Danzig), Riga und darüber hinaus im gesamten Ostseeraum – dank der Hanse.
Hobbygärtner ohne grünen Daumen
Wenn wir nicht als Touristen unterwegs sind, sind wir Hobby-Gärtner in unserem Garten. Nun spüren wir so richtig, was das bedeutet: nämlich Überforderung, aber auch Stolz (allerdings kann man wohl nur auf was stolz sein, was man selbst geschaffen hat, und davon sind wir noch weit entfernt). Angefangen im Frühjahr mit dem Einpflanzen übers regelmäßige Gießen und den Kampf mit den Starren über unsere Kirschen bis hin zur Erntezeit hält uns der Garten echt in Trab. Mein Ur-Opa hatte in Doberan einen Obst- und Gemüseladen. Ich erinnere mich noch bruchstückhaft, wie dieser riesige Garten voller Beete und Obstbäume war. Mit der Zeit wurden es weniger Beete und Bäume. Einige Kirsch-, Apfel- und Pflaumenbäume haben es aber bis heute überlebt. Nun hängt es also an uns!
Menschen mit einem grünen Daumen können unsere Überforderung bestimmt nicht verstehen, andere Nicht-Hobbygärtner umso mehr. Ich hatte mein ganzes Leben lang kaum Berührungspunkte zu Beeten und Obstbäumen gehabt. Damals im Schulgartenunterricht fand ich das Gärtnern auch doof, weil die Hände dreckig werden. Und beim Unkraut jäten wimmelt es vor lauter kleinen Tierchen. Gärtnern war nie mein Ding, dementsprechend habe ich auch wenig bis gar keine Ahnung davon. Die Hecken im Frühjahr zurückschneiden ging ja noch und um den Befall von Kleintierchen haben wir uns auch gekümmert, doch nun wird alles auf einmal reif … zumindest sieht es so aus. Eine Masse an Brombeeren … so viel Marmelade kann man gar nicht einkochen. Pflaumen … Pflaumenkompott, Pflaumenmarmelade, Pflaume pur … Dummerweise haben wir alle leeren Gläser auch regelmäßig zum Glascontainer gebracht. Und die Äpfel, wann sind die eigentlich erntereif?
Pflaumen Brombeeren Äpfel Kleiner Nachkömmling: Diesem Baum hatte niemand eine Chance gegeben und nun trägt wunderbar schmeckende Äpfel.
Vollkommen unvorbereitet trifft uns die Erntezeit. Regen und Sonne und Regen machen es auch nicht besser. Doch nicht nur die Erntezeit macht uns zu schaffen, sondern auch diese riesige Wiese, die auch regelmäßig gemäht werden möchte. Herrje, was für eine Arbeit dahinter steckt. Damit hatten wir – wie bei vielen Dingen hier – nicht gerechnet. Nun weiß ich auch, warum viele Urlaub in ihrem eigenen Garten machen.
Wir haben nun Anfang September einen Termin bei der hiesigen Mosterei. Eine von wenigen, die Saft aus den eigenen Äpfeln herstellt. Schon mein Opa brachte die Äpfel dorthin. In seinem Keller standen Massen an Mostflaschen. Seine alten Obstkisten haben wir immer noch. Ich freue mich wie ein kleines Kind drauf: Apfelsaft von Äpfeln aus dem eigenen Garten!
Der Gärtnerei-Probelauf dieses Jahr hat uns einiges gelehrt. Nächstes Jahr wollen wir uns dem „Projekt Garten“ irgendwie anders annähern. Noch haben wir keinen Plan, was wir besser machen könnten. Vielleicht haben wir ja doch irgendwann mal den Dreh raus und werden noch richtige Gärtner-Profis.