Sonne im Norden und Unwetter im Süden

Sonne, Sonne, überall Sonne. Ein Zipfel in ganz Deutschland mit Sommerwetter. Und im restlichen Land versinkt die Welt im Regen und stellenweise im Chaos. Das Genießen der Sonnenstrahlen tut so nur halb so gut. Im Gegenteil: Ständig denken wir an die Menschen, die gerade so viel verloren haben. Unser tiefstes Mitgefühl.

Der Himmel über uns.

2019 hatte Bad Doberan auch eine Wasserkatastrophe erlebt. Überflutete Straßen und Keller sowie ein Molli, der sich durch einen Bach kämpft. Freilich, zu dem, was gerade in Süddeutschland und in den benachbarten Ländern los ist, war es eine Mini-Überflutung.

Das Gute am Norden: Der beständige Wind treibe die Regenwolken oft auseinander, sagen die Einheimischen. Darum wäre es auch nur interessant, wenn dunkle Wolken von Richtung Meer kommen. Normalerweise werden Regenwolken vom Wind immer Richtung Russland oder Finnland geschoben. Dieses Küstenwetter lässt deshalb auch keine eindeutige Wettervorhersage zu. Nicht selten ist es tatsächlich schöner, als der Wetterdienst es prophezeite. Das ist uns in dem dreiviertel Jahr hier auch schon aufgefallen.

Doch dieses Phänomen kommt mir sehr bekannt vor. Auch in Südbayern ist das Wetter auch oft schöner als angesagt. Und die Ursache liegt auch hier im Wind: der Föhn, ein warmer, trockener Fallwind, der bei vielen Menschen Kopfschmerzen verursacht. Im Übrigen kurz und gut erklärt hier: Lokale Windsysteme: Wie Föhn entsteht | BR Wissen. Wer hätte bei so viel Unterschied zwischen Nord und Süd eine so einfache Gemeinsamkeit erwartet?

Wir hatten also Glück in den letzten Tagen, Sonne satt oder zumindest ein gemäßigter Sonne-Wolken-Mix. Um so schöner war es, dass unser Besuch, eine Freundin aus München, sozusagen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war. Während unsere Münchner Freunde vom Glauben über das schlechte Wetter abfielen, oder besser kalte Füße bekamen, saßen wir im Strandkorb und rätselten über ein anderes Phänomen: In ganz Doberan war der Aperol ausverkauft! Aperolmangel in Bad Doberan, was für ein Skandal!

Entspannt in den Urlaub

Was für ein Glück haben wir eigentlich? Und wieder leben wir dort, wo andere Urlaub machen. Und noch schöner ist es, dabei zu sein, wenn andere bei uns Urlaub machen.

Man könnte doch fast glauben, wir sind am Mittelmeer. Nein, es ist der Strand von Heiligendamm.

Zwar hatte ich noch keinen Urlaub, doch eine 30 Stunden/Woche macht es möglich, für Besuch zumindest am Nachmittag da zu sein. Und schließlich profitiere ich ja nicht nur von der Geselligkeit, sondern lerne auch unsere neue Umgebung besser kennen. So waren wir in Warnemünde und im Nienhagener Gespensterwald und fuhren natürlich auch mit dem Molli (Ricardo liebt schon allein deshalb Besuch, weil er dann Molli fahren kann). Immer wieder gibt es was neues zu sehen. Doch unser kleines persönliches Highlight war Rerik. Es war Freitag Nachmittag und mit dem Zuklappen des Notebooks startete unser Urlaub mit Sonnenschein. Allerdings wars aber für Jürgen nicht nur der Beginn seines Sommerurlaubes, sondern auch sein letzter Tag in seiner alten Firma: Nun startet er eine (verkürzte) Ausbildung.

Unverbaute Küste und Unaufgeregtheit

Wir waren schon mal im Frühjahr in Rerik, doch im Sommer entfaltet das kleine Fischerdörfchen seinen vollen Glanz. Eine entspannte Ruhe. Selbst die Urlauber scheinen tiefenentspannt zu sein. Dort ist alles eine Nummer kleiner als in Kühlungsborn oder Warnemünde: Es gibt keine Luxushotels, keine pompöse Bäderarchitektur, keine Gourmettempel, selbst die Boote im Hafen sind eine Ausführung kleiner.

Wir stellten fest, das Rerik – zwischen Ostsee(-Steilküste) und Salzhaff – in den Reiseführern nicht die Aufmerksamkeit bekommt als es eigentlich verdient hätte. Eine alte Burg gab Rerik bis 1938 den Namen Alt Gaarz (slawisch Burg). Umbenannt wurde es nach einer alten dort vermuteten Wikingersiedlung Reric. Scheinbar ist es hier normal, dass Orte einfach umbenannt werden, muss ich mal in Zukunft verstärkt darauf achten. Im Mittelalter war es ein wohlhabendes Dorf.

Das Salzhaff ist ein durch die Nehrung der Halbinsel Wustrow und der Halbinsel Boiensdorfer Werder von der Ostsee fast abgetrennter Teil der Mecklenburger Bucht. Es hat einen bedeutend höheren Salzgehalt als die Ostsee, man riecht es schon, wenn man in Rerik aus dem Auto aussteigt. Zu DDR Zeiten wurde in Rerik das Erholungswesen gefördert. Der Strand ist wunderschön und Namen wie die Teufelschlucht oder die Liebesschlucht (Orte an der Steilküste) fachen die Phantasie an.

In der Nähe gibt es noch Hünengräber aus der slawischen Zeit (Dolmen). Dafür hatten wir leider keine Zeit mehr, weil wir daheim zum Grillen erwartet wurden. Ein perfekter Start in den Urlaub …

Ein Augustiner schmeckt auch im Norden an einem lauen Sommerarbeit am besten. In München sagt man: „Der erste Schluck ist eine Wohltat, der zweite Schluck ist Wohltätigkeit“ (weil die Hälfte des Gewinns vom Augustinerbier an wohltätige Zwecke gespendet wird). Wie wahr!

Doch immer wieder waren und sind unsere Gedanken in den Katastrophengebieten nur wenige hundert Kilometer von uns entfernt. Wir sind erschüttert und zutiefst bewegt.

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