Seltsame Zeiten. Dass man umzieht und irgendwo versucht anzukommen, ist das eine, doch dies in Zeiten der Pandemie ist das andere. Wir nisten uns gerade in unserer eigenen Welt ein – wie andere auch. Dabei haben wir sogar noch viel Glück, denn wir wohnen eben nicht mehr in unserer Drei-Zimmerwohnung mit Mini-Balkon im vierten Stock mitten in einer Großstadt. Wir wissen es jeden Tag aufs Neue zu schätzen.

Unser Alltag besteht aus Arbeiten und nachmittags in den Garten gehen, um dort die Sonne zu genießen. Wir bauen das Spielhaus von Ricardo weiter auf und räumen weiter den alten Schuppen aus und chillen einfach nur. Ein Luxus, den nicht jeder in diesen Zeiten hat. Aber man gewöhnt sich dran. Wir richten uns in unserer eigenen kleinen Welt ein und leben in einem Mikrokosmos …
Oh, Ausgangssperre in Bad Doberan bei 17 Infektionen! Aha?! Okay, tangiert uns nicht weiter. Wir sind nach 21 Uhr eh nicht auf der Straße. Maniküre, Pediküre oder Klamotten kaufen … schon lange kein Thema mehr, also sind auch wir von geschlossenen Dienstleistern nicht betroffen. Angeordnetes Homeoffice. Nun ja, kommt mir sogar ein wenig entgegen. Faktisches Reiseverbot: Wir sparen das Geld und geben es fürs Haus aus. Die Zeiten sind seltsam. Aber auch ohne wirklich persönliche Betroffenheit, sorge ich mich. Ich sorge mich um meine Freunde, die unternehmerisch tätig sind und seit Monaten nicht arbeiten dürfen. Ich sorge mich um die Kinder, die zwischen Notbetreuung und Homeschooling und überforderten Eltern stehen. Ich sorge mich, um die mittelständischen Unternehmen, die normalerweise hier die Wirtschaft aufrechterhalten. Ich sorge mich um die Gesellschaft, die sich immer mehr spaltet. Und ich sorge mich, dass wir doch mal persönlich betroffen sind.
Und dennoch, wir machen unseren kleinen Alltag so schön wie möglich. Wie schnell doch so eine Woche zwischen Arbeiten im Homeoffice, Gartenarbeit und Veranda fliesen vergeht. Und dann gönnt man sich einen kleinen Ausflug und sagt am Ende, dass das ein schöner Tag war. Aber nicht wie früher, jetzt hat es so einen seltsamen Beigeschmack: Über Ebay Kleinanzeigen kauften wir für unsere Veranda einen Damen-Sekretär. Um ihn abzuholen fuhren wir nach Lübeck. Dort ist die Außen-Gastronomie geöffnet. Wir saßen im Cafe in der Sonne beim Aperol Spritz. Gut, ich trank. Jürgen musste fahren und freute sich über meinen Genuss. Es war toll. Von einer Kellnerin für teures Geld Aperol Spritz gebracht zu bekommen. Unbeschreiblich!
Im Übrigen ist Lübeck eine wunderschöne Stadt, die man wirklich mal besuchen sollte. Wir werden es irgendwann noch mal machen. Als wir aber wieder über die Landesgrenze nach Mecklenburg-Vorpommern fuhren und die geschlossenen Wirtschaften und Biergärten sahen, kam dieses merkwürdige Gefühl hoch – als ob wir was Verbotenes taten. Verrückt.
Glücklich beim Aperol Spritz geöffnete Gastronomie!
Mein Kollege rief an, ob wir auf dem Heimweg nicht noch vorbeikommen wollen, läge ja quasi auf dem Weg. Na klar, wollten wir! Wir haben kindfrei (Ricardo ist bei Oma und Opa) und sind damit ohne Verantwortung. Aber Moment: Das Verwaltungsgericht hat die Ausgangssperre in Mecklenburg Vorpommern gekippt und die Bundes-Notbremse greift erst ab Samstag, ergo: Wir haben keine Ausgangssperre, oder? Wer sieht denn da noch durch? Jedenfalls entschieden wir uns, wir haben keine und hatten noch weit nach 22 Uhr einen wunderbaren Abend in Gesellschaft!
Nachdem ich Samstag den halben Tag in der Veranda (bald werdet ihr endlich das Ergebnis sehen) mit Fenster putzen verbrachte und Jürgen seinen ersten Versuch als Fliesenleger begutachtete und die Bodenleisten verlegte, gönnten wir uns am Sonntag das Kontrastprogramm zu Lübeck und zum Hausarbeit-Alltag: Wir fuhren nach Warnemünde. Wir erbeuteten einen neuen Kronleuchter für unseren Flur bei ebay Kleinanzeigen (und das ist bei 3,70m hohen Wänden eine Herausforderung!).
Warnemünde ist ebenfalls eine wunderschöne Stadt, voller schlendernden Menschen, aber mit geschlossener Gastronomie und Geschäften. Wären wir zuvor nicht in Lübeck gewesen, wäre uns dieser Unterschied wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Ohne Frage, ein schöner Tag … ein schlenderndes Pärchen genießt die Sonne bei kaltem Wind.
Die Aida
Ein Wochenende mit Kontrasten: Hausarbeiten und Ausflüge, Gesellschaft und Isolation, geöffnete und geschlossene Gastronomie. Aber der Sonnenschein war stabil! Wahrscheinlich sollte man gar nicht weiter darüber nachdenken und alles einfach so hinnehmen. Doch es geht nicht so einfach. Morgen geht Ricardo wieder in den Kindergarten. Es ist nun auch Notbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben Glück, ich bin systemrelevant.
Heute durfte ich das erste Mal seit Juni 2020 wieder meine 97 jährige Großmutter (in ihrem Haus wohnen wir) und ihre Schwester, meine 93 jährige Großtante, im Pflegeheim besuchen. Bisher durfte immer nur ein und dieselbe Person zu ihnen. Ostern hatte es auch meine Oma erwischt: Der Virus kam ins Pflegeheim. Sie waren alle geimpft. Meine Oma hatte „nur“ einen Schnupfen und hat das Potential 100 zu werden. Was wäre gewesen, wenn …?

Heute sah ich sie beide endlich wieder! Ihnen gehts gut, doch ich befürchte meine Oma ist nun richtig dement und konnte sich stellenweise auch nicht an mich erinnern. Nach einem dreiviertel Jahr eine große Veränderung. Auch wenn das ein komisches Gefühl hinterlässt, ich bin froh, dass ich sie in diesen seltsamen Zeiten wiedersehen konnte.
Hansestädte im Sonnenschein, beneidenswert. Ich hab´s gestern nur nach Demmin geschafft, Pfandflaschen wegbringen. (huch, ach so… 🙂 )
So sehr ich Eure Hummeln im Hintern verstehen kann: Ihr verkneift Euch die ständige Rumkutscherei und Ausgeherei doch nicht, weil es verboten ist, sondern weil da draußen so kleine gefährliche Sachen rumfliegen, mit denen Ihr Euch und Eure Angehörigen nicht anstecken wollt. Und weil dieser Möchtegern-Lockdown nie ein Ende findet, wenn jeder nur an sich denkt und macht was er will. Noch ein paar Wochen Selbstdisziplin, wenn dann alle geimpft sind, geht´s wieder los. Oder wir fangen jetzt schon an zu „feiern“. Und die Kindergärten und Schulen machen nie wieder auf.
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