Unerwartet kam er so schnell: der Lockdown. Und ich bin wirklich frustriert. Es ist meine schönste Zeit im ganzen Jahr, nicht nur weil Weihnachten und Silvester ist.
Das ganze Jahr haben wir gut durchgehalten. Schon im Frühjahr verlangte der Lockdown uns beruflich eine Menge ab. Meine Ex-Kollegin und ich sorgten dafür, dass Pflegeheime und ambulante Pflegedienste gut durch die Pandemie kommen. Dazu stellten wir privat die Betreuung unseres Sohnes sicher. Alles war schon ein enormer Kraftakt. Wir haben kaum Urlaub gemacht, weil wir viel mit dem Haus und unserer Zukunft in Doberan beschäftigt waren. Dann der Umzug und die restlichen Renovierungsarbeiten. Unser Akku wurde in diesem Jahr wenig aufgeladen. Umso mehr haben wir uns auf diese Tage gefreut.
Aber auch der Januar sieht nun ganz anders aus. Ricardos Eingewöhnung in der Kita wurde verschoben. Erst einmal auf den 11.1.2021, aber mal ganz ehrlich … das wird weiter gehen. Ärgerlich ist, dass die Kitas unter bestimmten Voraussetzungen noch selbst entscheiden können, ob sie und in welchen Rahmen sie öffnen (Kurzfassung). Doch das Sozialministerium M-V hat Eingewöhnungen in Kitas untersagt. Keine Eingewöhnung – kein Kindergartenkind.
Ärgerlich, weil nun wieder unsere Hoffnung auf Kinder und gleichaltrige Spielgefährt*innen zerstört wurde. Ricardo braucht sie, denn immer nur mit Erwachsenen spielen ist bestimmt nicht das, was Kinder auf Dauer brauchen. Wenn ich mir überlege, bis März (erste Prognosen zur Dauer des Lockdowns) bleibt Ricardo nur bei Mama und Papa oder Oma und Opa … dann sind es fünf Monate!
Ich wollte den Januar auch für mich genießen. In Ruhe die Wohnung zu Ende einrichten, shoppen gehen, nach München fahren und meine Freunde besuchen, Museen durchstöbern, ins Theater gehen, lesen, Fotobücher gestalten und andere Dinge, die man eigentlich machen möchte, wenn man mal ganz viel Zeit hat. Und nun das: Der Lockdown legt das gesamte Leben wieder nieder. Ich bin sehr unglücklich damit.
Natürlich muss man auch an die Menschen denken, die schlimmer betroffen sind, oder die sogar arg von Corona betroffen sind. Das macht ja meinen Zwiespalt noch schlimmer. Meine Vernunft sagt mir, das es wohl die „altenativlose“ Entscheidung ist. Doch mein Bauch findet diesen Zustand total schrecklich und deprimierend. Und selbst in unserem Landkreis, der bisher immer auf gelb stand, hat schon eine rote Farbe (innerhalb von drei Tagen) bekommen.

Was macht ihr eigentlich, wenn ihr frustriert und schlecht gelaunt seid, wegen einem Umstand, den ihr nicht ändern könnt? Ich muss erstmal immer ein wenig rummotzen. Das ist aber auch nicht so gut, weil es die komplette Familienstimmung kippt. Und wenn man eh gemeinsam in sozialer Isolation ist, macht es die Sache nur schlimmer.
Also versuche ich mich wieder darin, die kleinen schönen Dinge in den Fokus zu rücken (ehrlich gesagt: es ist wirklich schwierig, die Stimmung aufzuhellen): Meine kleine Auszeit aus dem beruflichen Leben, meine viele Zeit, die ich mit meiner Familie verbringen kann, die Gestaltung unseres neuen Lebens und die vielen Bildtelefonate mit meinen Mädels. Gestern im Auto habe ich mich auch über 10 Minuten Sonne gefreut, die die Wolken kurz beiseite schob (seit mindestens einer Woche zeigt sich keine Sonne mehr).
Es gibt aber auch Momente zum Schmunzeln, z.B. am Sonntag beim Gehweg fegen. So lernt man nämlich die Nachbarn kennen …
Montag hatte Ricardo Geburtstag. Unsere große Kinderfeier fiel bescheiden aus: Wir mussten noch schnell nach Rostock und paar Winterschuhe einkaufen. Wahrscheinlich dachte die halbe Stadt das Gleiche. Eine merkwürdige Stimmung in der Einkaufsstraße: Mit Maske und leichten unterschwelligen Aggressionen und Stress bei den Menschen. Weihnachtsshopping ist was anderes.
Heute ist unser Hochzeitstag. Normalerweise hätten wir einen Babysitter und würden uns einen schönen Abend in Zweisamkeit machen. Stattdessen startet heute die Zweisamkeit, wenn Ricardo abends eingeschlafen ist.
Ich werde wohl noch eine Weile brauchen, bis ich mich an die Konsequenzen des Lockdowns gewöhnt habe. Das kommt schon noch, dass ich mich mit der Situation arrangiere … Doch denke ich auch viel an Freunde und Bekannte, die selbstständig sind und vielleicht diesen Lockdown wirtschaftlich nicht durchstehen können. Ich drücke euch ganz fest meine Daumen!
Hallo Lydia, Kopf hoch, heute ist dein Geburtstag, da wird nicht rumgemotzt! 😉 Wir haben doch auch Grund zur Freude, dass Du da bist, uns mit deinen Gedanken zum Schmunzeln und zum Nachdenken bringst. Ich bin jedenfalls froh. Ich wünsche dir alles Liebe und Gute, und dass dir der Lockdown nicht allzu lange die Nerven raubt. Ja, wir können es nicht ändern, dennoch ist es gut, dass wir uns auch darüber ärgern. Sollte man sich nicht über enttäuschte Hoffnungen und Erwartungen ärgern dürfen? Das hilft gerade auch dabei, sich mit der ungewollten, Situation, der man ohnmächtig gegenübersteht, zu arrangieren. Es ist ein Stück Trauerarbeit, Übung in Impulskontrolle, und und und… Mir ging es in dieser Woche häufiger so. Weniger vielleicht was mein eigenes Leben betrifft, da bin ich doch recht geduldig und langmütig. Ich ärgere mich, wenn ich sehe, was die Politik mit ihren Maßnahmen mit den Menschen in den Einrichtungen macht. Um nicht missverstanden zu werden, einschneidende Maßnahmen sind unumgänglich, wenn ich mir die Berichte aus Heimen und Krankenhäusern anschaue. Wir können nicht wollen, dass immer mehr Menschen unter diesem Virus leiden oder sogar sterben müssen. Schrecklich. Aber die Einrichtungen, ihre Mitarbeiter und Bewohner werden ständig vor neue Herausforderungen gestellt, ohne dass sie die Zeit haben, sich jeweils damit auseinanderzusetzen. Vielleicht auch noch verständlich. Aber wenn dann lokale Behörden unterschiedlich entscheiden, die Verantwortung zwischen land und Region hin- und hergeschoben wird, das ärgert mich dann. Es geht doch darum, gerade in dieser Zeit der äußersten Herausforderung ein Gefühl von Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und einer gewissen Sicherheit zu erhalten. Da könnte man mehr erreichen, wenn nicht alle Ebenen so kopflos erscheinen würden. Es gibt aber auch da Lichtblicke, wenn ich an unseren Herrn Dr. O. denke. 😃
So, jetzt habe ich genug herumgemotzt, obwohl ich es doch auch nicht wollte. 😉 Ich wünsche euch einen schönen 4. Advent und ein gesegnetes Weihnachtsfest. Erholt euch, sorgt euch umeinander und denkt auch etwas an die fernen Ex-Kolleg*innen.
Liebe Grüße, Klaus
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Danke, lieber Klaus für deine Worte. Es ist eben wie es ist und man kann es sich in diesem Rahmen auch schön machen – zumindest im Privaten. An euch und eure Arbeit, was ihr gerade leistet, denke ich viel und habe Respekt. Hoffe, eure Weihnachten wird trotzdem besinnlich sein! Frohe Weihnachten!
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