Das Kinderlied singen wir gerade mit Ricardo und selten habe ich mich mit einem Kinderlied so identifiziert.
Seit dem Wochenende ist Ricardo bei meinen Eltern und seit Montag werkeln wir. Das Ergebnis lässt sich sehen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Wir kommen sichtbar voran. Unser Gästezimmer ist nun auch wohnbar bzw. unser Büro ist nutzbar. Wir haben gespachtelt, tapeziert und gemalert und geputzt wie die Weltmeister. Ihr möchtet gar nicht wissen, wie viele Fingernägel es mich gekostet hat (in Lockdown-Zeiten mit geschlossenen Maniküre-Dienstleistern ein hoher Preis).

Faszinierend: Nun sind komplett alle Möbel meiner (Ur)Großeltern an ihrem ursprünglichen Ort (zurück). Und nicht nur die Möbel: Auch die Bücher und Schallplatten, die ich meinem Opa weggeschleppt hatte. Er hat es immer als „Dauerleihgabe“ tituliert, als ob er wusste, dass alles wieder hier her kommt?
Heute war ich mal wieder Baumarkt shoppen. Also ehrlich, es macht langsam Spass! Ich glaube, es liegt aber auch sehr viel daran, dass wir uns die Zeit nun nehmen. Im Sommer noch musste alles schnell gehen. Der Baumarkt war unübersichtlich und die Muse zum Gestalten wollen fehlte, geschweige die Geduld zum Einkaufen. Stress. Zeit ist Geld. Doch nun ist es ein Schlendern zwischen Ikea und Bauhaus. Dabei erweitert sich der Radius immer mehr auf weitere Geschäfte.
Nun arbeiten wir mit Hochdruck am Flur. Also an dem Zweiten. So ein herrschaftliches Haus hat ja zwei Flure, den Eingangsbereich und den Flur eben (vielleicht durfte der Gast dort auf die Herrschaften warten). Es ist doch echt verrückt, jeder weitere Raum, den wir renovieren, offenbart noch mehr Herausforderungen.
Letztens auf einem Spielplatz haben wir eine Mutter getroffen, die erzählte, sie hätten sich ein altes Bauernhaus gekauft und werkeln seit Jahren darin. Nach drei Jahren wäre es einigermaßen gut wohnbar. Bei diesen Geschichten kommt mir immer die Assoziation von jungen (Öko-)Menschen, die aus der Commerz-Gesellschaft aussteigen wollten, sich eine billiges Gehöft irgendwo in der Pampa kaufen und einen auf Selbstversorger machen.
Ganz ehrlich, ein wenig so fühle ich mich auch gerade. Das „alte“ Leben ist gerade soweit fern. Aber irgendwie auch das „normale“ Leben. Wir bauen und werkeln (und ich putze) und so vergeht der Tag. Wir arbeiten auf das Ziel hin, dass wir dieses sonderbare und eigenwillige Haus gezähmt kriegen. Es tut aber gut, mal nicht über weltbewegende Dinge nachdenken zu müssen. Ich habe auch irgendwie noch gar nicht richtig realisiert, was für ein Projekt wir uns da angelacht haben. Heute rief eine alte Schulfreundin an und hieß uns in Mecklenburg-Vorpommern willkommen. Mir wurde bewusst, dass es sich noch nicht nach der neuen Heimat anfühlt, eher wie ein Abenteuer, ein kleines Kurz-Sabbatical. In paar Wochen werde ich wieder in meinem Münchner Alltag sein und erzähle meine Geschichte über unsere kleine Auszeit.
Corona ist nicht überall
Aber wir sind wirklich hier und wollen auch hier bleiben. Und während wir isoliert mit ein wenig Kontakten zu den Dienstleistern in den Geschäften vor uns hin werkeln, wütet überall Corona. Aber nicht so wie überall, auch in unserem neuen Landkreis ist alles ein wenig überschaubarer.
Ich weiß nicht, wie die Leute hier wirklich ticken, aber das Leben läuft in ganz normalen Bahnen. Gut, der eine oder andere ist ein wenig angespannter, doch hier ist alles überschaubar. Alles nicht ganz so schlimm. Wir müssen ja nicht mit überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein und soziale Kontakte haben wir auch noch nicht. Vielleicht geht das Virus ja doch an uns vorbei …
Doch unterm Strich ist es für alle und für uns: Eine sonderbare Situation – in jeglicher Hinsicht.