Zwischen Behördengang und Kartons und Entdeckung

Das Einrichten und Auspacken mit Kind entpuppt sich als die eigentliche Herausforderung. Ricardo möchte immer helfen – und das, wenn es gut läuft. Andernfalls braucht er sehr viel Aufmerksamkeit und greift durchaus auch gern zu unlauteren Mitteln, wenn er die nicht bekommt. Das Fazit am Ende eines Tages lässt sich nicht wirklich sehen. Zumal wir immer noch drei Räume haben, die wir erst noch renovieren müssen. So herrscht nun mehr Chaos als Ordnung. Ziemlich frustrierend.

Zudem steht der Lockdown light an. Die große Frage ist für uns: Was hat dann eigentlich noch auf? Momentan schlagen wir uns die Hälfte der Nächte mit online Küchenplanung um die Ohren. Eine Wissenschaft für sich. Nun also hoffen wir, dass Baumärkte, Ikea und Küchenstudios es nicht erwischt.

Wie unheimlich: Alle sind freundlich

Gestern war ich beim Einwohnermeldeamt, um uns anzumelden. Am Anfang war ich sehr irritiert. Kein von Menschen wimmelndes Rathaus. Ich suchte auch den Automaten, um eine Nummer zu ziehen. Gab es natürlich nicht, weil es sehr überschaubar und geordnet nacheinander von statten ging. Auch die Sachbearbeiterin war herzlich freundlich. Sie schwärmte mir erst einmal vor, was für eine gute Wahl wir mit Bad Doberan getroffen hätten. Die Stadt wächst, weil auch viele andere die Vorteile der Kleinstadt mit einer super Infrastruktur für sich entdeckt haben.

Ich hatte natürlich die Hälfte der Unterlagen nicht dabei. Kein Problem, dann komme ich eben nachmittags noch mal kurz vorbei. Wenn ich an das Einwohnermeldeamt in München denke, bei dem man das Glück haben muss, innerhalb der nächsten zwei Wochen einen Termin zu bekommen, wars ein Spaziergang heute.

Wirklich viel Zeit zum auspacken hatten wir gestern nicht. Ich war mit Ricardo noch beim Kinderarzt. Auch hier war ich irritiert. Die Kinderärztin hieß uns herzlich willkommen und erzählte uns Ihre Feststellung, was Warnemünde und München gemeinsam hätten (nämlich den Mietpreis). Sie nahm sich viel Zeit, erklärte und untersuchte. Ob wir noch mehr so brave Kinder hätten, fragte sie. Nett. Das geht bei einer Mutter natürlich runter wie Öl. Sie macht einen vertrauenswürdigen Eindruck. Ich glaube, man kann sich dort schon gut aufgehoben fühlen.

Dafür wollte ich zum Arbeitsamt. Ich muss mich ja noch ummelden. Geschlossen. Innerlich habe ich schon das Kriegsbeil ausgegraben, weil das Arbeitsamt ja das Arbeitsamt ist. Aber mal schauen, ich lass mich auch gern eines besseren belehren. Zumindest hatte ich telefonischen Kontakt, wer weiß, ob das alles so klappt …

Not macht erfinderisch

In so einem alten Haus entdeckt man ja so einiges. Meine Ur-Großeltern und meine Großeltern haben uns einiges an Schätze hinterlassen. Liebhaber alter Möbel und Alltagsgegenstände würden sich ihre Mäuler danach schlecken. So steht auch im oberen Geschoss ein altes Küchenbuffet, das wir uns mangels einer Kücheneinrichtung vorübergehend runter geholt haben.

Bestimmt 100 Jahre alt. Mit ein bisschen Liebe sieht’s fast aus wie neu.

Überhaupt ist es seltsam. Im Laufe der letzten Jahre habe ich vieles aus diesem Haus weg geschleppt: Bücher, Schallplatten, Möbel, u.v.m. Wer hätte das gedacht, dass alles wieder zurück kommt – an den Ort, wo alles ursprünglich stand. Es scheint so, als ob es so sein sollte.

Der „Hausstrand“ Heiligendamm

Bevor es dunkel wurde sind wir noch an den Strand gefahren. Heiligendamm ist 6 km von Bad Doberan entfernt. Man kennt es vom damaligen G8-Treffen 2007: Das Foto der Oberhäupter im riesigen Strandkorb. Es ist das erste Seebad Deutschlands. In Heiligendamm bin ich immer als Kind mit meiner Oma gewesen. Damals war es noch ein richtiges Kurbad. Der ganze Ort war sozusagen eine komplette Reha-Einrichtung. Meine Oma, Schwester Lilo, betreute und versorgte überall die Kurgäste, vom Haus Hohenzollern (nun „Burg“ Hohenzollern mit zusätzlich künstlichen Türmen) bis nach Börgerende. Nun hat sich Heiligendamm verändert – seit es ein Luxus-Domizil für die besser Betuchten werden sollte bzw. ist.

Um diese Jahreszeit sind nur noch wenige Touristen da. Eine Stunde Spazierengehen und Ricardo hatte nasse Füße und war geschafft.

Ursprünglich war Heiligendamm mal die „weiße Stadt am Meer.“ Die weiße Häuserreihe war die „Perlenkette“.

Beim Heimgehen sah ich ein Plakat. Das gilt auch für uns an euch:

Ihr seid immer herzlich willkommen bei uns. Wir haben gern Besuch.

Ein Gedanke zu “Zwischen Behördengang und Kartons und Entdeckung

  1. Hallo Nordlichter! Schön, dass Ihr Euch die Laune trotz allem nicht verderben lasst. Weswegen gleich nochmal? Ist doch alles nicht so schlimm!
    Die „Anrichte“ ist ja ein Traum, sagt mal! Mit intakten originalen Gläsern, dass ich sowas nochmal zu sehen bekomme! (In Magdeburg, Dresden oder Zerbst war ja alles bei den Bombenangriffen zu Bruch gegangen. Und nun stehen die Möbel eben ohne Gläser herum, oder ausgebessert mit billigem DDR-Riffelglas, was halt gerade zur Hand war.)
    Einladung angenommen – wenn wir das nächste Mal nach HRO zum Chinesen fahren, kommen wir bei Euch vorbei. Falls es den Chinesen noch gibt. Und je nach Notwendigkeit der „Kontaktvermeidung“, versteht sich. 🙂

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